Mentoring kennen wir: Die Erfahrenen geben ihr Wissen weiter, die Jüngeren hören zu. Reverse Mentoring dreht diese Logik um. Junge Kolleginnen und Kollegen übernehmen die Rolle der Lehrenden. Sie bringen ihre Erfahrung mit digitalen Tools, sozialen Medien, neuen Arbeitsformen oder andere Perspektiven ein.
Das wirkt zunächst ungewohnt. Doch gerade hier liegt der Wert: Führungskräfte lernen aus erster Hand, was heute den Alltag vieler Beschäftigter prägt. Und die Jüngeren lernen, ihr Wissen klar zu vermitteln und Verantwortung zu übernehmen.
Reverse Mentoring baut Brücken zwischen Generationen. Es macht sichtbar, dass Lernen keine Frage des Alters ist, sondern des offenen Austauschs.
Wie setzt man ein Reverse-Mentoring-Programm auf?
- Ziele festlegen
Geht es darum, digitale Kompetenzen ins Management zu tragen, ein besseres Verständnis für neue Arbeitskulturen zu schaffen oder Diversität im Unternehmen zu fördern? Eine klare Zielsetzung sorgt dafür, dass Mentor:innen und Mentees wissen, wohin die Reise geht. - Teilnehmende auswählen und zusammenbringen
Die Auswahl der Paare ist entscheidend: Führungskräfte oder erfahrene Mitarbeiter:innen werden mit jüngeren Kolleg:innen zusammengebracht, die in einem bestimmten Thema Expertise haben. Dabei zählt nicht nur Fachwissen, sondern auch Offenheit und Kommunikationsbereitschaft. - Struktur und Rahmenbedingungen schaffen
Regelmäßige analoge oder digitale Treffen sollten eingeplant werden. Ein klarer zeitlicher Rahmen (z. B. sechs Monate) gibt Orientierung und ermöglicht klare Ziele. Wichtig: die Gespräche brauchen Vertraulichkeit und Freiraum, um wirklich voneinander zu lernen. Hierbei kann es auch helfen, wenn die Beteiligten nicht direkt in weisungsbefugten Verhältnissen liegen. - Begleiten und reflektieren
Programme laufen erfolgreicher, wenn HR, Geschäftsführung oder eine koordinierende Stelle Feedbackrunden organisiert. So lassen sich Erfahrungen bündeln und Verbesserungen einbauen.
Welche Vorteile entstehen?
Reverse Mentoring bringt für den Mittelstand gleich mehrere Chancen:
- Digitale Kompetenzen stärken
Führungskräfte bekommen praxisnahe und leichtgewichtige Einblicke in neue Denkweisen, Bedürfnisse oder Technologien. - Generationswechsel gestalten
Junge Mitarbeiter:innen lernen, Verantwortung zu übernehmen und ihre Perspektive einzubringen. Das stärkt ihre Bindung ans Unternehmen und Kommunikationsfähigkeit. - Hierarchien abbauen, Kultur stärken
Das Modell signalisiert: Wissen fließt in beide Richtungen. Das schafft Vertrauen, Wertschätzung und macht Organisationen flexibler. - Innovation fördern
Frische Ideen aus jüngeren Generationen treffen auf Erfahrung und strategischen Weitblick. Dies ist eine Kombination, die gerade im Mittelstand Wettbewerbsvorteile schaffen kann.
Fazit
Reverse Mentoring ist kein „Trend aus Konzernen“, sondern gerade für mittelständische Unternehmen ein Werkzeug, um die Lücke zwischen Generationen zu schließen. Es unterstützt beim Umgang mit dem digitalen Wandel, fördert gegenseitigen Respekt und macht lebenslanges Lernen zu einer gelebten Realität im Unternehmen.
Weiterführende Quellen:
Personios HR Perspektive auf Reverse Mentoring: https://www.personio.de/hr-lexikon/reverse-mentoring/
Harvard Business Reviews Ausführung warum Reverse Mentoring funktioniert: https://hbr.org/2019/10/why-reverse-mentoring-works-and-how-to-do-it-right
Nutzen von Reverse Mentoring in: E. Minar, Praxistipps für Nachwuchs-Führungskräfte https://doi.org/10.1007/978-3-658-44030-5_46
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Kontakt
Adrian Wegener
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