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Das GERD-Modell integriert Gender- und Diversitätsaspekte in Kernprozesse von Design und Entwicklung, um eine einfache Einbindung in bestehende Arbeitsprozesse zu ermöglichen. Es bietet einen Rahmen für Forschungs- und Entwicklungsprozesse, wobei Reflexionsaspekte in jeder Phase zur erweiterten Betrachtung von Diversitätsfragen herangezogen werden können.

In vergangenen Beiträgen wurde bereits die Bedeutung der Einbindung von Gender- und Diversitätsaspekten in Arbeits-, Forschungs- oder Produktionsprozesse verdeutlicht und der Mehrwert durch geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie Softwareentwicklung und -forschung dargestellt.
So empfiehlt die Sachverständigenkommission des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugendlichen in dem „Dritten Gleichstellungsbericht – Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“ unter anderem „rechtlich verbindliche Standards für geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie IT-Systeme zu setzen“ und „Geschlechtergerechte diskriminierungsfreie Technikgestaltung in die Digitalstrategie der Bundesregierung aufzunehmen …“ [2].

In diesem Beitrag wird die konkrete Umsetzung mithilfe des von Maaß und Kollegen (2014) entwickelten GERD-Models dargestellt [1]. Das GERD-Modell beruft sich auf Kernpaspekte von menschzentrierten Entwicklungsprozessen. Eine möglichst einfache Einbindung in bereits bestehende Arbeitsprozesse für eine gute Integration war das Ziel bei der Entwicklung dieses Modells [1][5].
So gibt das GERD-Modell an jeder Stelle eines Entwicklungsprozesses einen Rahmen zur Orientierung. In Abbildung 1 sind diese verschiedenen Prozesse in Ihrer typischen Reihenfolge in einem äußeren Ring dargestellt, wobei Wiederholungen oder das Überspringen einzelner Phasen möglich sind. Diese 7 Phasen (Anstöße Vorhabensdefinition, Analyse, Modell-/Konzeptbildung, Realisierung, Evaluation und Verbreitung) bilden die Kernprozesse des GERD-Modell und bilden das Gerüst jedes Entwicklungsprozesses [1][3].

 



Abbildung 1: Abbildung 1: GERD-Modell in Anlehnung an Draude et al, 2014

 

 

 

 

Über den Verlauf dieser typischen Phasen hinweg, soll mithilfe der Reflexionsaspekte, welche sich im Inneren des Modells befinden, eine erweiterte Betrachtung erfolgen. Die Reflexionsaspekte können bei jedem Kernprozess hinzugezogen werden. So kann ein Perspektivwechsel erzielt werden [1]:
Relevanz, Nutzen, Wissen, Werte, Machtverhältnisse, Menschenbild, Sprache, Arbeitskultur

 

 

Zu Beginn des Kreislaufs stehen erste „Anstöße“, bei denen folgende Anforderungen definiert geklärt werden:

•    Situation bzw. die Umgebung für das jeweilige Projekt definieren
•    einen Auftrag oder eine Ausschreibung analysieren
•    die Interessen und aktuellen Themen gegenständlich machen
•    Werkzeuge und Ressourcen definieren

Ziel des GERD-Modells ist es, in jeder Phase die Reflexionsaspekte zu integrieren und die vorhandene Perspektive mit den Reflexionsaspekten sukzessive zu erweitern [3]. Häufig verläuft die Phase „Anstöße“ unbewusst. Die Autorinnen des GERD-Modells haben diese erste Phase in ihrem Modell definiert und aufgenommen, damit eine bewusste Reflexion erfolgen kann. Für die Reflexion in der ersten Phase, haben Draude und Kolleg:innen einige Fragen exemplarisch zusammengetragen, welche nachfolgend dargestellt sind [3]:

1.    Was wird hier als relevante Forschungsfragestellung erachtet?
2.    Welche gesellschaftlichen Bereiche werden adressiert und welche ausgeklammert; welche geschlechtlichen Zuschreibungen gibt es dort?
3.    Welche und wessen Interessen stehen bei der Projektidee im Vordergrund?
4.    Wie bilden sich bestehende Machtverhältnisse darin ab?
5.    Wem soll das Projekt konkreten Nutzen erbringen, in welche Richtung ließe sich die Zielgruppe im Sinne von Gender/Diversity erweitern?
6.    Wird in Problemszenarien mit Stereotypen gearbeitet?
7.    Wird versucht Vielfalt zu adressieren und herkömmliche (Geschlechter-) Erzählungen zu durchbrechen?

Die Fragen sind in diesem Beispiel auf die erste Phase des GERD-Modells angepasst, beinhalten jedoch alle Reflexionsaspekte des Modells (siehe Abbildung 1). Für jede Phase können mithilfe dieser Aspekte Fragen gestellt werden, die den Forschungs- und Entwicklungsprozess geschlechtergerechter und diskriminierungsfreier machen können, ohne ihren typischen Ablauf zu verändern.
Eine ausführliche Beschreibung und Anleitung für die Anwendung der Reflexionsaspekte, sowie weitere Bespielfragen für die anderen Phasen, kann in dem Kapitel 4.2.2 des Beitrags GERD — Ein Vorgehensmodell zur Integration von Gender/ Diversity in die Informatik von Draude und Kolleginnen in dem Sammelwerk Vielfalt der Informatik von Anja Zeising nachgelesen werden [1].


Quellen
[1] Draude, C., Maaß, S. & Wajda, K. (2014). GERD: ein Vorgehensmodell zur Integration von Gender/Diversity in die Informatik. In Zeising, A. Vielfalt der Informatik : ein Beitrag zu Selbstverständnis und Außenwirkung. Universität Bremen; Fachbereich 03: Mathematik/Informatik (FB 03); dimeb - Digitale Medien in der Bildung. media.suub.uni-bremen.de/handle/elib/3069
[2] Kapitel B.I.1 „Technikgestaltung und geschlechtergerechte Digitalisierung“ im Gutachtenteil des Dritten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, abzurufen unter www.bmfsfj.de/gleichstellungsbericht
[3] Draude, C., Maaß, S. & Wajda, K. (2014). Gender-/Diversity-Aspekte in der Informatikforschung: Das GERD-Modell. In Gender-UseIT. HCI, Usability and UX unter Gendergesichtspunkten (S. 67–77). www.researchgate.net/publication/281092044_Gender-Diversity Aspekte_in_der_Informatikforschung_Das_GERD-Modell


29.05.24

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