UIG: Lieber Sven, Du wurdest im Januar 2025 als einer von drei Experten neu in den Vorstand des UIG gewählt. Was hat Dich dazu motiviert diese Aufgabe zu übernehmen?
Sven: Die rasante Entwicklung im Bereich KI verändert nicht nur die Softwareentwicklung, sondern auch die Art, wie wir UX denken und gestalten. In den kommenden Jahren werden sich uns viele Chancen bieten, Probleme mit KI zu lösen und Routineaufgaben zu beschleunigen.
Mein Ziel ist es, Unternehmen dabei zu unterstützen, nutzerzentrierte Ansätze mit den Möglichkeiten von KI zu verbinden und so nachhaltige, innovative Lösungen zu schaffen. Als Vorstandsmitglied des UIG möchte ich dazu beitragen, Unternehmen bei diesen Veränderungen zu unterstützen – aus der Perspektive eines UX-Designers, Produktmanagers und Softwareentwicklers heraus.
UIG: Erzähl uns doch ein bisschen über deinen beruflichen Hintergrund im Bereich der Nutzerzentrierten Entwicklung von digitalen Produkten. Welche Erfahrungen haben Dich besonders geprägt in den letzten Jahren?
Sven: Mit über 20 Jahren Erfahrung in der Softwareentwicklung leite ich aktuell einen Entwicklungsbereich bei der CAS Software AG. Außerdem bin ich firmenweit für UX und das Produktmanagement unserer CPQ-Software verantwortlich. Dadurch begleite ich den gesamten Lebenszyklus einer Software – von der ersten Idee über die Entwicklung bis hin zur Qualitätssicherung und dem Vertrieb.
Besonders beeindruckend finde ich, welchen Einfluss eine exzellente UX auf den gesamten Prozess hat: Sie erleichtert den Vertrieb, motiviert die Entwicklungsteams und verbessert die Qualitätssicherung durch klarere User-Interaktionen. Deshalb betrachte ich UX nicht nur als Designaspekt, sondern als entscheidenden Erfolgsfaktor für digitale Produkte.
UIG: Der UIG hat sich zum Ziel gesetzt Unternehmen dabei zu unterstützen, digitale Produkte und Service nutzerzentriert zu gestalten. Gibt es bestimmte Herausforderungen in der digitalen Produktentwicklung, die Du beobachtest?
Sven: Eine der größten Herausforderungen, die mir auffällt, ist, dass viele Unternehmen mit den schnellen Entwicklungen im KI-Bereich kaum Schritt halten und den neuen Möglichkeiten für Software- und UI/UX-Entwicklung noch eher zögerlich begegnen. Dabei kann KI nicht nur Prozesse in der Entwicklung effizienter machen, sondern auch dabei helfen, digitale Produkte gezielter an den Bedürfnissen der Nutzenden auszurichten.
Besonders spannend finde ich den Einsatz von KI, um Zielgruppen besser zu verstehen und die passenden Features für sie zu identifizieren. KI kann Muster und Bedürfnisse sichtbar machen, die sonst leicht übersehen werden, und so dazu beitragen, dass digitale Produkte noch passgenauer entwickelt werden
UIG: Welche konkreten Empfehlungen würdest Du Unternehmen geben, um die von Dir genannten Herausforderungen erfolgreich zu meistern?
Sven: Mein Rat an Unternehmen: Mutig ausprobieren, aber mit klarem Blick auf den tatsächlichen Mehrwert. Gerade im Bereich KI und UX-Design entwickelt sich vieles rasant, doch nicht jede Neuerung bringt automatisch Fortschritt. Es geht nicht darum, KI um der KI oder des Marketings willen einzuführen, sondern gezielt abzuwägen, wo sie Prozesse wirklich erleichtert und echten Nutzen schafft. Unreflektierte Entscheidungen können hier schnell teuer werden.
Ein spannendes Beispiel ist die Wiederkehr der Kommandozeile – diesmal in Form von Prompts. Sie zeigt, wie sich Interaktionen verändern und als Vorstufe zur Sprachsteuerung dienen können. Mit immer mehr immersiven Endgeräten könnte Spracheingabe bald eine zentrale Rolle spielen. Unternehmen sollten solche Entwicklungen aufmerksam beobachten, gezielt testen und überlegt entscheiden, wie sie ihre digitalen Produkte sinnvoll weiterentwickeln.
UIG: Gibt es etwas, das Du Dir von den Partnern und Mitgliedern des Vereins wünschst? Wie können sie Dich bei Deiner Vereinsarbeit unterstützen?
Sven: Ich wünsche mir vor allem ehrliches und konkretes Feedback von unseren Partnern und Mitgliedern: Wo liegen die größten Herausforderungen, und wie können wir Unternehmen am besten unterstützen? Sind es KI-Tools, gezielte Workshops und Schulungen, Unterstützung bei Zertifizierungen oder Hilfestellung bei der Einhaltung von Verordnungen? Nur wer die tatsächlichen Bedarfe erkennt, kann zielgerichtet helfen.
Zudem finde ich es wertvoll, wenn Unternehmen, die bereits Lösungen für bestimmte Probleme gefunden haben, ihr Wissen teilen.
UIG: Was ist Deine persönliche Vision für den Verein? Wo siehst Du den Verein am Ende Deiner Amtszeit in 3 Jahren?
Sven: Zunächst einmal plane ich langfristiger als nur drei Jahre. Meine Vision für den UIG ist es, Human Centered Experience nicht nur als Thema für UX-Designer zu etablieren, sondern es viel stärker als Ziel in den gesamten Softwareentwicklungsprozess zu verankern. Besonders wichtig ist mir, dass wir gezielte Unterstützung für Softwareentwickler, Produktmanager und Product Owner bieten, da diese Rollen maßgeblich die Nutzererfahrung prägen.
Auch wenn das noch nach Zukunftsmusik klingt, verschwimmen die Grenzen zwischen UX-Designern und Softwareentwicklern immer stärker. KI-basierte Serverless-Architekturen ermöglichen es UX-Designern zunehmend, aus einem Prototyp eine lauffähige App zu machen. Gleichzeitig übernehmen KI-gestützte Tools immer größere Teile der UI-Entwicklung – inklusive Testing. Der UIG wird dieser Entwicklung Rechnung tragen und Unternehmen mit passenden Hilfestellungen begleiten.
UIG: Und zum Abschluss noch eine Frage: wie würdest Du den Satz vollenden wollen: „Nutzerzentrierte Gestaltung bedeutet für mich….“?
Sven: Nutzerzentrierte Gestaltung bedeutet für mich, dass ein Produkt nicht nur mühelos und intuitiv bedient werden kann, sondern auch Freude bereitet und den Menschen befähigt, sein Ziel ohne Hindernisse zu erreichen. Wahre Exzellenz zeigt sich, wenn das Erlebnis im Vordergrund steht und die wahre Komplexität im Verborgenen bleibt.
UIG: Vielen Dank lieber Sven für die Einblicke in Deine Motivation, Deine Erfahrungen und Ansichten. Wir freuen uns auf die vor uns liegende Zeit und Zusammenarbeit mit Dir.