Dieser Beitrag erklärt, warum solche Linktitel problematisch sind, welche formalen Anforderungen (WCAG / BFSG) betroffen sind und wie bessere, barrierearme Alternativen aussehen, die sich mit wenig Aufwand umsetzen lassen.
Das formale Problem: WCAG‑Konformität und BFSG
Aus Barrierefreiheitssicht gilt ein zentraler Grundsatz: Ein Link muss auch außerhalb seines Kontextes verständlich sein.
Die WCAG 2.2 (Erfolgskriterium 2.4.4 – Link Purpose (In Context)) fordert, dass der Zweck eines Links entweder
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direkt aus dem Linktext selbst oder
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aus dem Linktext in Kombination mit seinem programmatisch ermittelbaren Kontext
klar hervorgeht.
In der Praxis heißt das: Nutzende von Screenreadern lassen sich häufig alle Links einer Seite als Liste vorlesen. Wenn dort zehnmal „Hier weiterlesen“ oder „Mehr erfahren“ auftaucht, ist nicht mehr erkennbar: Wohin führt der Link eigentlich?
Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird diese Anforderung auch für viele privatwirtschaftliche Angebote in der EU verbindlich.
Das inhaltliche Problem: Schlechte User Experience für alle
Das Problem betrifft nicht nur blinde oder sehbehinderte Menschen. Auch sehende Nutzende profitieren von aussagekräftigen Linktiteln:
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Sie scannen Seiten oft nur oberflächlich
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Sie suchen gezielt nach relevanten Einstiegen
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Sie entscheiden anhand weniger Wörter, ob sich ein Klick lohnt
Unterscheidbare, inhaltsarme Linktexte erzeugen:
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unnötige kognitive Belastung
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Unsicherheit („Was passiert, wenn ich klicke?“)
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geringere Klickwahrscheinlichkeit
Kurz gesagt: Unklare Links kosten Aufmerksamkeit und potenziell Kund:innen.
Typische schlechte Beispiele
Diese Linktexte sind weit verbreitet und problematisch: „Hier klicken“, „Hier weiterlesen“, „Mehr“, „Weitere Infos“, „Zum Artikel“
Warum sie schlecht sind:
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Sie enthalten keine Information über das Ziel
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Sie sind nicht unterscheidbar, wenn sie mehrfach vorkommen
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Sie funktionieren nur im visuellen Kontext zu beiliegendem Text
Gute Linktitel schreiben
Ein guter Linktitel beantwortet die Frage: Was erwartet mich nach dem Klick?
Praktische Regeln und Beispiele für bessere Links
- Inhalt vor Aktion
Nicht wie geklickt wird ist relevant, sondern wohin der Link führt.
„Studie lesen“ (wenn es nur eine Studie auf der Seite gibt) - Links eindeutig unterscheidbar machen
Jeder Link sollte auch in einer Linkliste für sich funktionieren.
„Mehr über barrierefreie CAPTCHAs“ - Kontext nicht nur visuell transportieren
Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Überschriften oder Layout den Link erklären.
Link enthält selbst die Kernaussage - Kurz, aber aussagekräftig
Linktexte müssen keine ganzen Sätze sei, aber klar.
„Barrierefreies Webdesign für KMUs – Leitfaden“
Ein schneller Selbsttest
Stellen Sie sich eine einfache Frage: Würde dieser Link auch Sinn ergeben, wenn er allein vorgelesen wird?
Wenn die Antwort nein ist, lohnt sich eine Überarbeitung.
Kleine Änderung, große Wirkung
Aussagekräftige Linktitel sind eine der einfachsten Maßnahmen, um Barrierefreiheit und Nutzerfreundlichkeit gleichzeitig zu verbessern, denn:
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sie machen kaum technischer Aufwand
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zeigen sofortige Wirkung
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sind rechtlich relevant
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sind positiv für alle Nutzenden
Weitere Informationen
Kontakt
Adrian Wegener
- Karlsruher Institut für Technologie
- Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Usability
- Mittelstand-Digital Zentrum Fokus Mensch
- Kaiserstraße 89-93
- 76133 Karlsruhe