Barrierefreie Kommunikation beginnt mit verständlicher Sprache. Doch was genau bedeutet das eigentlich? In der Praxis tauchen häufig zwei Begriffe auf: Einfache Sprache und Leichte Sprache. Beide zielen darauf ab, Informationen zugänglicher zu machen. Sie unterscheiden sich in Zielgruppe, Anwendung und sprachlicher Gestaltung. Diese Unterschiede sorgen immer wieder für Diskussionen, zuletzt auch bei einem Medienformat, das „Einfache Sprache“ ankündigte, inhaltlich aber eher im Bereich der Leichten Sprache einzuordnen war. Die Folge: Verwirrung bei vielen Zuschauer:innen und Diskussionen in den Kommentaren.
Ein guter Anlass, um die beiden Begriffe einzuordnen und zu zeigen, wie Unternehmen, Behörden und Organisationen davon profitieren können.
Was ist Leichte Sprache?
Leichte Sprache ist eine besonders stark vereinfachte und klar geregelte Sprachform. Sie richtet sich insbesondere an Menschen mit kognitiven Einschränkungen, Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen. Ziel ist es, Teilhabe zu ermöglichen zum Beispiel bei politischen Entscheidungen, Behördenprozessen oder in der Informationsgesellschaft insgesamt.
Typische Merkmale:
- Sehr kurze Sätze, ein Gedanke pro Satz
- Kein Fachjargon, Fremdwörter werden vermieden oder erklärt
- Klare Wortwahl, einfache Grammatik
- Unterstützung durch Bilder oder Piktogramme
- Prüfung durch Menschen aus der Zielgruppe
Anwendungsbereiche sind: Offizielle Informationen, Wahlunterlagen, Behördentexte, medizinische Aufklärung, barrierefreie Webseiten öffentlicher Stellen.
Was ist Einfache Sprache?
Einfache Sprache ist weniger streng geregelt, aber dennoch deutlich verständlicher als Fachsprache oder komplexe Amtstexte. Sie richtet sich an ein breiteres Publikum:
- Menschen mit niedriger Lesefähigkeit
- Menschen, die Deutsch als Fremdsprache sprechen
- Ältere Personen
- Menschen, die Texte schnell erfassen möchten
Auch Medienformate wie nachrichtenleicht.de, das vom Deutschlandfunk betrieben wird, orientieren sich an den Prinzipien der Einfachen Sprache. Die dort veröffentlichten Nachrichten bieten wöchentlich einen verständlichen Überblick über das aktuelle Geschehen. So erreichen sie viele Menschen, die sich sonst ausgeschlossen fühlen würden.
Typische Merkmale:
- Alltagssprachliche Formulierungen
- Kürzere Sätze und aktive Sprache
- Strukturierte Gliederung
- Verzicht auf unnötige Fachbegriffe
Anwendungsbereiche sind: Medienangebote, Kundenkommunikation, Gebrauchsanleitungen, Schulungsmaterialien, Webseiten, Formulare.
Warum die Unterscheidung wichtig ist
Auch wenn beide Sprachformen Vereinfachung zum Ziel haben, richten sie sich an unterschiedliche Zielgruppen, und sind nicht beliebig austauschbar. Wenn zum Beispiel ein Format Leichte Sprache verwendet, aber dies als „Einfache Sprache“ bezeichnet, kann das zu Missverständnissen führen. Manche Menschen erwarten dann einen bestimmten sprachlichen Anspruch, sind aber irritiert von der sehr reduzierten Ausdrucksweise. Andere wiederum könnten das Angebot aus Unsicherheit oder Scham meiden.
Dabei profitieren sehr viele Menschen von verständlicher Sprache. Nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch Lernende, Vielbeschäftigte oder Menschen in stressigen Situationen haben etwas davon, wenn Sprache an die Zielgruppe angepasst wird.
Ein vertiefender Lesetipp
Wer sich intensiver mit dem Unterschied und den gesellschaftlichen Hintergründen beschäftigen möchte, dem sei das Themenheft „Leichte und Einfache Sprache“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) empfohlen. Es bietet fachlich fundierte Beiträge, Praxisbeispiele und kritische Perspektiven auf die Rolle sprachlicher Barrierefreiheit in der Gesellschaft.
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Fazit
Leichte Sprache und Einfache Sprache sind zwei verschiedene Werkzeuge. Beide sind unverzichtbar, wenn es darum geht, Kommunikation inklusiv zu gestalten. Je nach Zielgruppe und Kontext kann das eine oder das andere sinnvoller sein. Entscheidend ist: Wer Informationen klar und barrierearm vermitteln will, sollte den Unterschied kennen und bewusst damit umgehen.
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Adrian Wegener
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